Stimmen aus der Branche: Ausblick auf das 2. Corona Jahr

Etienne Biedermann

Intern
mrp hotels

Die Kriterien zur Betreiberbewertung/Ausrichtung der Pachtverträge werden ein wenig adjustiert werden. Die vor- Covid-19 Kriterien wie Konzepte, Track Record, Marke, Pipeline, Standorte, Bonität, Garantien etc. werden überdacht und werden langfristig an höhere Erwartungen der Investoren angepasst.

Eine Anpassung der Geschäftskonzepte – Investoren werden versuchen das Portfolio zu überarbeiten, veraltete Produkte zurückzulassen. Neue und moderne Produkte mit einem guten Preis- Leistungsverhältnis, in sich schnell erholenden Städten werden anvisiert. 


Wolfgang Mader

Partner
BDO Austria

Derzeit besteht bis zumindest 7. Jänner ein Beherbergungsverbot mit gewissen Ausnahmen wie bspw Gäste auf Geschäftsreisen. Wie es nach dem 7. Jänner weitergehen wird ist derzeit noch unklar. Ob die Betriebe im 1. Quartal 2021 zur Gänze bzw teilweise aufsperren dürfen wird maßgeblich von der Entwicklung des Infektionsgeschehens abhängen. Unabhängig davon wird man im ersten Quartal 2021 mit einer massiv reduzierten Gästezahl rechnen müssen, da derzeit nicht davon ausgegangen werden kann, dass es für wichtige Herkunftsländer wie Deutschland uneingeschränkte Reisemöglichkeiten nach Österreich geben wird. Dazu kommt, dass viele potentielle Gäste aufgrund diverses Maßnahmen (Stichwort kein Apres-Ski) abgeschreckt sein werden.

Für das 2. Quartal könnte sich die Situation etwas verbessern wenn die Ausrollung der Impfung entsprechend anläuft und die wärmere Jahreszeit zusätzlich das Infektionsgeschehen positiv beeinflusst. Eine komplette Normalisierung insbesondere für die Stadthotellerie wird aber nicht erwartet. Für die Betriebe werden daher weitere großzügige Förderungen notwendig sein um das Überleben zu sichern.

Für den Zeitraum des 2. Lockdowns wird der Umsatzersatz von 80% bzw 50% vielen Betrieben die notwendige Liquidität sichern. Hierbei ist jedoch insbesondere die Höchstgrenze von EUR 800.000 pro Gesellschaft zu beachten, welche bei größeren Betrieben oder Gesellschaften mit mehreren Hotelbetrieben rasch ausgeschöpft sein wird. Die Maßnahmen für die Folgemonate umfassen einerseits den Fixkostenzuschuss EUR 800.000 der für Zeiträume bis inkl. Juni 2021 beantragt werden kann, aber wiederum kumuliert zum Umsatzersatz und diversen weiteren Förderungen mit insgesamt EUR 800.000 EUR begrenzt wird.

Zudem kann ab 16.12.2020 ein Verlustersatz bis max. EUR 3.000.000 beantragt werden. Dabei können Verluste, die zwischen dem 16. September 2020 und 30. Juni 2021 angefallen sind oder anfallen werden (mittels Prognoserechnung) ersetzt werden. Große und mittlere Unternehmen erhalten bis zu 70% ihres Verlustes, kleine und Kleinst-Unternehmen (bis 49 Mitarbeiter) bis zu 90% ihres Verlustes bezogen auf den Vergleichs-zeitraum 2019.Darüber hinaus besteht weiterhin die Möglichkeit für das 1.Quartal 2021 noch Kurzarbeit zu beantragen.

Auch die Hotelvertreter, für die mit einer 80-prozentigen Kompensation im November ja ein besonders attraktiver Rahmen festgelegt wurde, sind unzufrieden. 63% der größeren Betriebe hätten bereits mit der November-Zahlung den Deckel von 800.000 Euro erreicht und erhielten daher im Dezember kein weiteres Geld mehr, teilte die Hoteliersvereinigung mit.

FAZIT: Mit auslaufen der Stundungen und der Kurzarbeit am Ende des 1.Quartals sowie den betraglichen Grenzen der Maßnahmen pro Gesellschaft, könnten viele Betriebe in Schwierigkeiten kommen wenn die Nächtigungszahlen anhaltend starke Rückgänge im Vergleich zu den Vorjahren verzeichnen. Diesbezüglich gehen wir davon aus, dass insbesondere die Stadthotellerie davon betroffen sein wird und weitere Unterstützungsleistungen notwendig sein werden.


Christian Gaiser

CEO & Founder
COSI Group

Geschäftsreisen werden sich grundlegend verändern, da Lockdown Beschränkungen viele Firmen dazu gezwungen haben auf Remote-Working Strukturen umzustellen.

Zudem haben viele Firmen in dieser Zeit für sich festgestellt, welche Vorteile eine hybride Arbeitskultur mit sich bringt. Virtuelle Meetings, Home Office und veränderte Mentalitäten in Bezug auf unsere Arbeitsweise wirken sich jedoch auf die Geschwindigkeit aus, mit der sich Geschäftsreisen erholen. 

McKinsey veröffentlichte eine Studie zu historischen Statistiken für Geschäftsreisen, in der festgestellt wurde, dass sich diese Kategorie von Reisenden deutlich langsamer von einschlagenden Ereignissen wie dem 11. September oder der Rezession im Jahr 2008 erholt. Das kann also für die Städte, die stark abhängig von Geschäftsreisenden sind, bedeuten, dass sie durch diese Covid-19 Veränderungen stark getroffen werden und es länger dauert um wieder auf Vorkrisenniveau zu kommen. 

Die o.g. Entwicklung deutet darauf hin, dass Städte wie Brüssel und Oslo, deren Geschäftsreisende etwa die Hälfte ihrer Tourismusbranche ausmachen, dauerhaft von einer neuen hybriden Arbeitskultur betroffen sein könnten. Andere Städte können zudem aufgrund Einreisebeschränkungen für Nicht-EU Bürger getroffen sein, durch den Verlust internationaler Touristen. Reykjavik als Beispiel ist fast ausschließlich auf internationale Reisen angewiesen, mit nur 5% Inlandsreisen. Als Covid-19 eintraf, führte der Schaden für die Reisebranche zu einem Verlust von fast 17% des gesamten ausländischen Einkommens des Landes.

Städte, die hingegen einen starken Fokus auf Ferienreisen haben und eher Touristen aus der Europäischen Union empfangen, können somit deutlich schneller das Vorkrisenniveau erreichen (Bsp. Lissabon, Berlin, Wien).

Das Reiseaufkommen wird generell abnehmen, dafür wird die durchschnittliche Aufenthaltsdauer zunehmen. Das heißt Gäste werden weniger reisen aber dafür länger bleiben. Zudem werden neue Reisekategorien entstehen, wie z.B. „remote work from anywhere“ worauf jedoch das klassische Hotelangebot nicht vorbereitet sein wird. Daher wird das Hybrid Modell, das beide Welten – Hotel und Serviced Apartment – verbindet, die Zukunft gestalten. Dieses ist nämlich sowohl für das Midstay als auch für das Short Stay Segment ausgelegt und kann flexibel zwischen beiden wechseln.

Investoren werden darauf achten, möglichst große Flexibilität zu erzielen für die Nachfrage in ihren Objekten in Bezug auf Zielgruppen, Nachfrage-Kanälen und Saisonalitäten. In den Augen von Investoren wird folgendes gelten: Je breiter man aufgestellt ist, desto besser wird die Absicherung für Nachfrageschocks sein. 


Martin Lenikus

Geschäftsführer
Lenikus Hotels

Der jetzige Lockdown wird nicht der Letzte bleiben. Bis Sommer/Herbst 2021 erwarten uns noch zwei Lockdowns für Gastronomie und Hotels. Erst wenn einfache, schnelle und billige Tests verfügbar, die auch ohne Einsatz von medizinisch geschultem Personal funktionieren, werden Lockdowns bzw. drastische Einschränkungen beendet werden können.

Die Impf-Verpflichtung wird mit größter Wahrscheinlichkeit das neue „Visum“ für alle Destinationen, Flughäfen, Fluglinien sein.  Die Menschen werden das Ausgehen und die sozialen Kontakten, aber natürlich auch dem Reisen, einen sehr hohen Stellenwert beimessen und intensiv nachholen.

Ferien im eigenen Land werden bleiben und sofern gute Qualität geboten wird, auch für lange Zeit Bestand haben. Städtereisen und Fernreisen hängen extrem stark von Flugverbindungen ab, die insgesamt erst frühestens Frühjahr 2022 hochgefahren werden können. Messen und Kongresse werden eingeschränkter als bis Ende 2019, aber trotzdem weiterbestehen, da auch geschäftliche persönliche soziale Kontakte unumgänglich sind.

Abhängig davon, ob die Nationalstaaterei bald aufhört und wieder der europäische Grundkonsens der Zusammengehörigkeit überwiegt, wird Europa als Ganzes gewinnen oder als Ganzes verlieren. Prinzipiell wird Europa aber sicherlich Vorreiter beim Testen bzw. Impfen sein und daher auch in Relation zu Asien oder Amerika schnelle Lockdowns vermeiden können. Südamerika und Dritte Welt Länder werden ohnehin noch länger Probleme haben.

Spätestens in 2 Jahren kräht kein Investoren-Hahn mehr nach der Krise. Zu viel Geld sucht Veranlagung und die Yields von guten touristischen Projekten werden wieder gegen Süden tendieren. Lage und Qualität war und bleibt wichtig.


Torsten Kuttig

Director Development Hotel 
ECE Work & Live GmbH

Wir blicken für die Assetklasse Hotel weiterhin zuversichtlich und selbstbewusst in das nächste Jahr und vor allem darüber hinaus.

Wir freuen uns auf die Fortführung guter Gespräche zu spannenden neuen Hotelentwicklungen – und dies zukünftig auch mit einem zusätzlichen Fokus auf neue internationale Projekte.

Im kommenden Jahr werden wir nicht nur klassische Innenstadtlagen in A- und B-Städten prüfen, sondern uns auch mit Potentialen im Segment der Ferienhotellerie auseinandersetzen. Wir glauben nach wie vor an die Stärke des deutschen Marktes sowie unserer internationalen Zielmärkte und setzen dabei – im engen Austausch mit verschiedenen Hotelbetreibern – auf innovative Lösungen und frische Konzepte.

Dies auch mit besonderem Blick auf die Nachnutzung von Bestandsimmobilien.  


Susanne Kraus-Winkler

Obfrau des Fachverbandes Hotellerie
Wirtschaftskammer Österreich

2021 wird für viele Hotels wahrscheinlich genauso herausfordernd wie 2020, nur haben starke Betriebe gelernt, sich an laufend ändernde Umständen besser anzupassen und mit Unsicherheiten zu navigieren. Viele Betriebe werden nach der Krise betriebs-wirtschaftlich besser performen gelernt haben und ihre Angebote noch zukunftsfitter gemacht haben. Andere werden im Laufe der nächsten 2 Jahre gänzlich vom Markt verschwinden und damit eine schnellere Marktbereinigung ab 2021 einläuten.

Planbarkeit wird neu definiert werden müssen, alte Revenuesysteme werden überholt sein, Marketing im Tourismus bekommt eine neue Systematik, in vielem wird Langfristigkeit von Kurzfristigkeit abgelöst bleiben, Stornobedingungen und Anzahlungs-systeme  werden sich auch nach der Covid Krise neu erfinden müssen. Bleiben wird die Sehnsucht der Menschen nach Urlaub und das Bedürfnis frei reisen zu können, wird noch größer werden als bisher. Jede Businessreise wird dem Test standhalten müssen, ob sie wirklich notwendig ist.

Es wird einen Split geben was ist notwendig und was kann hybrid oder digital gemacht werden. Ferienreisen werden noch mehr von der Sehnsucht nach Abwechslung, Erlebnis und Kontakt mit anderen Menschen und Kulturen getrieben sein. Die Stadthotellerie wird am längsten auf Fernmärkte und Großevents warten müssen und stärker gefordert sein, ihre Angebotsstrategien breiter und kreativer als bisher zu vermarkten. Es wird mehr Fokus auf europäische Nahmärkte geben.

Großevents, Messen und Großkongresse wie wir sie bisher kannten werden eventuell auf kleinere, regional gesplittete Formate umgewandelt. Messen und Kongresse werden mehr von Masse auf Klasse wechseln und in Zukunft auch immer hybride Angebote beinhalten, sodass auch digitale Tickets an Teilnehmer verkauft werden können.

Vieles in Europas Tourismus wird von der weiteren Entwicklung der Airlines abhängen. Dennoch wird Europa ab 2022 im Ferientouristischen Bereich gleich gut oder sogar besser performen als bisher. Der Europäische Drive In und Train In Markt wird Urlaub in Europa für Europäer stärken. Fernreisen und internationale Fluganbindungen werden noch länger beeinträchtigt bleiben, da es weltweit unterschiedliche Geschwindigkeiten bei den Covid-Impfungen geben wird und Regierungen Grenzrestriktionen nicht so schnell zur Gänze aufgeben werden.  

Investoren werden stärker die Marktfähigkeit,  Risiko und Resilienz der Hotelprojekte als auch die finanzielle Sicherheit der Betreiber hinterfragen, bevor sie in ein Hotelprodukt investieren. Ferienhotels mit guten Produkten, großem Einzugsgebiet und leichter Erreichbarkeit werden stärker als bisher in den Fokus der Investoren rücken. Stadthotellerie wird beweisen müssen, dass das Produkt mehr kann als nur einem Airport oder einem Messepublikum zu dienen, da diese spezifische Eindimensionalität bei den Zielgruppen nicht mehr dem Risikoprofil einer nachhaltig ertragreichen Immobilie standhalten wird.


Jan-Hendrik-Jessen

Head of Fund Management
Operated Properties
Patrizia AG

Ohne Zweifel wird es in 2021 und 2022 herausfordernd bleiben. Je weniger abhängig von internationaler Kundschaft, desto besser werden sich Destinationen entwickeln.

Aber durch beginnende Impfungen und Schnelltests können hoffentlich zusätzliche Spielräume für das Reisen (zurück-) gewonnen werden. Vielleicht werden sogar – dann geimpfte – Senioren schneller wieder reisen als andere.

Der Impfpass könnte zum zweiten Reisepass bzw. zur Eintrittskarte bei Veranstaltungen werden. Messen werden dauerhaft hybrid stattfinden werden – auch über 2021 hinaus.

Ich sehe den Winter- / Ski-Tourismus als Verlierer und den Sommer- / Strand-Tourismus als möglichen Gewinner des Jahres 2021. Darüber hinaus werden die Gewinner und Verlierer denen des Jahres 2020 ähneln.

Transparenz, Reporting und offene Kommunikation seitens der Betreiber ist auch in der Investorenbeziehung von Relevanz.


Jos Klerx

Sectorspecialist
Rabobank

Wir sehen einen großen Unterschied in der Erholung zwischen Regionen und Hotel-Typen für 2021.

Wir erwarten, dass sich Hotels, die sich auf den Freizeitmarkt konzentrieren, schneller erholen werden. Zum Beispiel werden die Hotels an der Küste im Jahr 2021 fast wieder auf dem Niveau von 2019 sein. Vor allem wegen der langsameren Erholung des Geschäftsmarktes, des Flugverkehrs und der Vorlaufzeit von z.B. dem MICE-Markt werden sich die Hotels in der Metropolregion rund um Schiphol langsamer erholen. Wir erwarten, dass sich die Hotels in der Metropolregion ab Mitte Q2 erholen werden. Die Hotels im Raum Schiphol werden bei der Erholung hinterherhinken, unter anderem wegen der begrenzten Flugbewegungen.

Wir erwarten eine schnelle Erholung des Urlaubsreisemarktes. Vielleicht werden wir eine Art „Aufholjagd“ erleben, denn 2020 war fast nichts möglich. Vor allem Urlaubsreisen innerhalb der Kontinente werden sich stark erholen.

Der Geschäftsmarkt wird sich langsamer erholen, obwohl es auch bei Geschäftsreisenden ein großes Bedürfnis gibt, wieder zu reisen. Unsere Erwartung ist, dass Unternehmen strukturell weniger reisen. Es kann aber durchaus sein, dass die Aufenthaltsdauer länger ist. Dies hat Auswirkungen auf die Art des Angebots. Ein möglicher Vorteil für Hotels ist, dass die Menschen einen großen Drang haben, sich zu treffen. Hotels können diese Begegnungen erleichtern, auch in Zusammenhang mit der Einbeziehung der Umgebung der Hotels, wodurch interessante Treffpunkte entstehen können.

Gewinnen werden Konzepte, die sich auszeichnen durch: Konzept, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Erst wenn die Pandemie unter Kontrolle ist, können Messen und Kongresse wieder im großen Stil stattfinden. In der ersten Hälfte des Jahres 2021 wird dies noch eingeschränkt sein. Mit Schnelltests könnte es eine Möglichkeit geben. Vor allem wegen der Vorlaufzeit ist damit zu rechnen, dass wir ab dem 3. Quartal 2021 eine Erholung der Messen und Kongresse einkalkulieren müssen.


Kai Bender

Geschäftsführer
Acron GmbH

In der Ferienhotellerie werden in 2021 und 2022 weiterhin Hotels an den Standorten profitieren, deren Hauptgästegruppe Inländer sind. Das dürfte für nahezu alle Länder gelten, jedenfalls die westeuropäischen Länder und die USA. Hotels, die mehrheitlich auf ausländische Gäste angewiesen sind, ggf. sogar Gäste aus Übersee oder Asien werden es auch 2021 und 2022 schwer haben. Der Trend, im eigenen Land bleiben zu wollen, wird zunächst noch anhalten und in den nächsten zwei Jahren weiter wachsen, was ggf. zu neuen interessanten Modellen bzw. Akzentuierungen in der Ferienhotellerie führen wird.

Es wird unterschiedliche Zyklen geben. Die deutsche Ferienhotellerie wird kurzfristig profitieren, weil sie vermehrt Nachfrage aus dem Inland erfährt. Die spanische Ferienhotellerie z.B. wird kurzfristig eher verlieren, weil sie auf Gäste aus dem entfernteren Ausland angewiesen ist. Mittelfristig werden wahrscheinlich andere Länder insbesondere preislich den heimischen Inlandstourismus nach Marktbereinigungen stärker konkurrenzieren.

Die zukünftige Performance von Standorten / Hotels ist in Abhängigkeit von den Hauptgästegruppen zu beantworten. Für einzelne Locations kann die Krise sogar eine echte Chance werden, indem man sich vom Massentourismus abgewendet und einer zahlungskräftigeren und nachhaltigeren Gästegruppe zuwendet. Ein Beispiel wäre hier z.B. Venedig.

In der Businesshotellerie wird ein harter (Preis-)Wettbewerb entstehen. Für viele Hotels wird sich die Frage stellen, ob der weitere Betrieb dann noch Sinn macht. Insbesondere Treiber wie große Messen dürften in näherer Zukunft ausbleiben und in vielen deutschen Städten gab es bereits vor Corona eine schon schwindelerregende Zahl an Hotel-Neuplanungen. Der Bedarf wird im Vergleich zu 2019 zurückgehen, teilweise wird der Rückgang insbesondere durch neu erlernte digitale Meeting-Möglichkeiten auch dauerhaft sein.

Sowohl in der Ferienhotellerie wie auch der Businesshotellerie sind die entscheidenden Fragen der nahen Zukunft, welche Restriktionen die Politik verhängen wird und ob und wie die Banken Hotels finanzieren werden.

Wir glauben, dass Messen mittelfristig wieder stattfinden werden, wenn dann die Pandemie auch psychologisch überwunden wurde. Messen unter Schutzvorkehrungen wie Masken, Beschränkungen bei Teilnehmerzahlen etc. können wir uns hingegen weniger vorstellen. Letztendlich muss bei einer Messe auch das Preis/Leistungsverhältnis und der Outcome sowohl für Anbieter wie auch für Teilnehmer stimmen – sonst besucht man die Messe erst gar nicht.

Sehr wichtig wird in naher Zukunft die Finanzierbarkeit. Reichen die Banken keine Kredite aus, wird es für die Hotellerie im Niedrigzinsumfeld sehr schwierig, denn die Margen in der Hotellerie werden i.d.R. nicht reichen, um alternative (und teurere) Finanzierungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.


Mustafa Özdemir

Managing Partner LOISIUM Wine & Spa Hotels

Es ist davon auszugehen, dass die Wintersaison nicht stattfinden wird und die Hotellerie erst im 2Q langsam die Pforten aufmacht. Sofern die Impfungen gut voranschreiten, wird es zum Sommer eine Erholung für den innereuropäischen Reisemarkt geben. Corporate und MICE Business wird erst ab September/Oktober in Schwung kommen.

Die Flugreisen und Insbesondere die long distance Flüge werden sich länger nicht erholen, daher wird 2021 und 2022 das Reisegeschehen eher innereuropäisch sein, evtl. noch die Mittelmeerregion und Russland. Alles was mit Auto & Zug erreichbar ist, wird bevorzugt werden und Flüge werden nur zu Destinationen angeboten, die nicht länger als in 2 bis 3 Stunden zu erreichen sind.

Die Sehnsucht, frei zu reisen ist groß, daher wird es nach der Pandemie eine hohe Reisetätigkeit geben, allerdings ohne nennenswerte Fernreisen. Die Resort Hotellerie in Naherholungsorten werden die starken Krisengewinner sein; die Business Destinationen werden noch länger brauchen, um auf das gleiche Niveau von vor Corona zu erreichen.

Miteinher hat sich der Bedarf nach höheren Hygienestandards und ein anderes bzw. stärkeres Bewusstsein für die Umwelt entwickelt- Tagesrandflüge gehen zurück, da wir gelernt haben, mit Videokonferenzen bzw. Hybrid Meetings zu arbeiten.

Länder mit stärkerem Gesundheitssystem und die eine gute Erreichbarkeit von größeren Märkten haben, die innerhalb von 4 bis 5 Stunden mit Auto & Zug bzw. 2 bis 3 Stunden per Flug erreicht werden können, oder auch einen starken Binnenmarkt haben, sind auf der Seite der Gewinner. Länder wie zum Beispiel Italien, die viele Überseegäste gehabt haben, werden die Verlierer sein, dies gilt auch allgemein für Städte in ganz Europa.

Ich gehe davon aus, dass es zukünftig eine große Rolle spielen wird, wie krisensicher und wie stark der Domestic Anteil einer Destination ist. Welche Hotelimmobilien sind weniger anfällig für Pandemien?


Arne Mundt

Geschäftsführer
Halbersbacher Hospitality Group

Auch in 2021 werden wir weiterhin Zurückhaltung erleben – bis weit ins Q2 2021. Danach wird es weiter bergauf gehen, allerdings deutlich langsamer, als wir uns das alle wünschen. 2022? Vielleicht haben wir ja Glück und es läuft gut – dann wird es vielleicht wie 2017 oder 2018?!

A- und Top B-Standorte brauchen zur Erholung am längsten; Lower B-sowie C-Standorte profitieren. Mit einem guten Produkt und einem klarem USP können sich Feriendestinationen und Hotels entwickeln, die heute niemand auf dem Schirm hat. 

Mallorca wird den Massentourismus verlieren, sind sie aber deswegen Verlierer? Eher nicht. Neue Destinationen werden den Massentourismus aufnehmen. Weitere Gewinner werden Hotels und Destinationen mit dem neuen Luxusgut sein: Platz und Raum.

Vermutlich wird in Zukunft aus Investorensicht bei Bewertungen genauer geprüft, inwieweit möglicherweise eine singuläre Abhängigkeit des Marktes besteht. Betreiber werden vermutlich nach einem Notfallplan gefragt, um zu erkennen, wie wer mit kommenden Krisen umgeht. Ebenso werden Investoren einen Blick zurück werfen; wer ist wie durch die Krise gekommen?

Die Finanzkraft am Markt wird in der nächsten Zeit dominieren – der Markt orientiert sich neu. Die Starken werden stärker, Schwächere werden früher oder später das Feld räumen müssen.


Matthias Schultze

Managing Director 
German Convention Bureau

Unabhängig von der Geschwindigkeit wird sich der Veranstaltungsmarkt qualitativ und quantitativ wandeln. Das EITW hat unterschiedliche Szenarien entwickelt, deren Eintreten u.a. von Variablen wie Impfstoffen und Medikamenten oder der Verfügbarkeit von Corona-Schnelltests abhängt.

Szenario 1 Ausgehend vom „Lockdown Light“ wird sich der Markt ab dem kommenden Frühjahr schrittweise erholen, im Sommer etwas stärker, jedoch ohne das Vor-Corona-Niveau zu erreichen. Hinsichtlich des Volumens rechnet das Szenario für 2021 mit 40% der ursprünglich geplanten Veranstaltungen, mit 30% der Teilnehmerinnen. Szenario 2

Szenario 2 prognostiziert eine langsamere, regulierte Erholung ab Frühjahr 2021 mit einem stärkeren Wachstum erst ab Herbst. Hier würde im ganzen kommenden Jahr nur knapp ein Fünftel der geplanten Veranstaltungen mit auch nur 15% der erwarteten Teilnehmerinnen umgesetzt. Diese Werte fokussieren rein auf Präsenzteilnehmer*innen und rechnen noch nicht die zunehmende Relevanz virtueller bzw. hybrider Formate ein. Deren jüngste Entwicklung wird im Rahmen des nächsten Meeting- & Eventbarometers im kommenden Frühjahr erhoben.

Herausforderungen
Die digitale Transformation und der Megatrend Nachhaltigkeit wurden durch die Corona-Pandemie noch verstärkt. Insbesondere hybride und räumlich verteilte Veranstaltungen werden weiter wachsen. Neben der nötigen technischen Infrastruktur, etwa zur virtuellen Erweiterung von Face-to-Face-Events, kommt es künftig noch stärker auf die optimale Gestaltung der Teilnehmererlebnisse an.

So gab die Hälfte der für die EITW-Studie befragten Veranstaltungszentren, Tagungshotels und Eventlocations an, aufgrund von Corona in Technik für hybride oder digitale Formate investiert zu haben. Die andere Hälfte war damit bereits zuvor ausgestattet.“


Andreas Reiter

Zukunftsforscher ZTB Zukunftsbüro

„Die Pandemie hat den Tourismus gebeutelt wie nur wenige andere Branchen. Einige der Auswirkungen verändern die Tourismuslandschaft nachhaltig, anderes wiederum wird post Covid gestärkt neu auferstehen. Das Ausrollen der Impfstoffe wird jedenfalls in ganz Europa zu einer Beruhigung und damit Planungssicherheit ab dem Sommer 2021 führen. 

Am stärksten wird sich der Geschäftstourismus verändern – wir gehen von einem Abschmelzen des reinen Travel Business von 25-30% aus, die Firmen werden dank Video-Calls ihre Travel Budgets reduzieren, die Mitarbeiter sparen sich anstrengende und ökologisch unsinnige Tagesflüge für nur eine kurze Besprechung. Der Tagungs- und Kongress-Tourismus (inkl. Messen) wird meiner Einschätzung nach mit kreativen Formaten im 3. Quartal 2021 wieder kraftvoll zurück auf der Bühne sein – Menschen brauchen soziale Begegnungen mehr denn je, der kognitive und emotionale Gewinn physischer Events und Tagungen ist durch nichts zu ersetzen.

Bei den Messen sehe ich einige substantielle Veränderungen (diese waren ja auch vor Covid-19 da und dort zu beobachten, etwa bei den Automobilmessen): hier wird etliches rein virtualisiert, manches in hybride Formate gebracht, bei Letzteren wird die bald ausgereifte Hologramm-Technologie in wenigen Jahren einen gewaltigen Schub bringen.
Der Ferien-Tourismus wird sich rasch über den Sommer erholen, wenngleich der Heimvorteil nächstes Jahr wieder wegfällt – Urlaube in Sun-&Beach-Destinationen ziehen wieder an, wenn auch vorerst nur in Europa. Fernreisen werden wohl erst im Jahr 2022 wieder signifikant anrollen, wobei sich bis dahin auch der Airline-Markt dramatisch erneuern wird: die Streckennetze werden deutlich ausgedünnt, die Konzentration (Übernahmen etc.) unter den Airlines, vor allem im Low Cost-Segment nimmt zu, Fliegen wird teurer.

Am längsten braucht der internationale Städte-Tourismus für die Erholung. Hier gehe ich erst für 2022/23 von einem Revival aus, dann aber kräftig und nachhaltig. Städte-Tourismus ist und bleibt langfristig der große Treiber des Tourismus. Die asiatischen Quellmärkte werden die nächsten zwei Jahrzehnte dominieren.

Und sonst, was kommt, was bleibt, was geht? Nachhaltigkeit bleibt weiterhin ein Treiber der Veränderungen, die SDG’s verankern sich in den Geschäftsphilosophien, insbesondere die jungen Post-Millennials fordern eine klare Haltung und nachhaltige Ausrichtung ein. Der Massentourismus wird kleinteiliger, da deutlich intelligenter gesteuert (über künstliche Intelligenz usf.), die Individualisierung wird über Algorithmen skaliert. Damit rückt der Nano-Tourismus immer stärker in den Fokus, individualisierte Mikrowelten, die den Touristen immersive, tiefgehende Erfahrungen abseits der Masse bieten.“


Norbert Kettner

Direktor
Wien Tourismus

„Weltweit wurden Metropolen durch die Pandemie und den Lockdown hart getroffen, mit schwerwiegenden Folgen für Wirtschaft und Tourismus. Internationale Studien zeigen jedoch, dass die gesamtwirtschaftliche Erholung in Wien – aufgrund jahrzehntelanger stabiler Entwicklungen – rascher vor sich gehen wird als in anderen Weltstädten.

Auch für den Tourismus stehen die Karten nach der Krise gut: Wiens Bekenntnis zu einer qualitätsvollen Visitor Economy, seine überreiche Architektur und Kulturlandschaft und seine Rolle als Standort internationaler Organisationen und Unternehmen bilden ein solides Fundament für Freizeittourismus, Geschäftsreisen und Tagungsindustrie.

Damit kann an vergangene Erfolge angeknüpft werden, sobald die Krise überwunden ist. Investoren verlieren deshalb auch während Covid-19 ihr Vertrauen in Wien nicht. Zu Recht – denn Wien hat Substanz von bleibender Bedeutung!

Kurzfristig können ein europäisches Reiseregime und die bevorstehende Impfung Erleichterung bringen – das Niveau vor Corona wird der globale Städtetourismus allerdings nicht vor 2024 erreichen.“


Monika Rosen

Chef Analystin
Unicredit Austria Premium Banking

Das Coronajahr 2020 verabschiedet sich zumindest an der Börse mit einem Kursfeuerwerk. Nachdem ein Impfstoff im November in greifbare Nähe gerückt war, erlebten die Aktienkurse nochmals einen deutlichen Schub nach oben. Dabei vollzog sich aber auch ein Favoritenwechsel. Die Tech-Aktien, die in der Pandemie so stark punkten konnten (z. B. Amazon, Zoom oder Netflix etc), verloren zumindest kurzfristig ihre Favoritenrolle.

Demgegenüber erlebten die Zykliker, wie Hotels, Fluglinien, aber auch Öl- und Finanzwerte, ein deutliches Revival. Für 2021 ergibt sich nun folgendes Bild: derzeit setzt die Börse Wiederhochfahren der Konjunktur, speziell die Tourismus Aktien verhalten sich so, als würden wir relativ bald zu unserem alten Leben zurückkehren. Das hängt aber stark von der Verfügbarkeit einer Impfung ab, insofern ist der Sektor sehr von dieser Thematik abhängig. Außerdem haben viele Unternehmen jetzt einen deutlich höheren Schuldenstand als vor Ausbruch der Krise. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass in ihnen mehr Erholungspotenzial steckt als z. B. in den Tech-Aktien.

Was die Fundamentaldaten betrifft, so erwarten wir für die Eurozone 2021 ein Wirtschaftswachstum von rund 3%. Damit sollten die Gewinne im Euro Stoxx 50 nächstes Jahr um rund 20% steigen (nach einem Rückgang von 35 % in 2020). Die Geldpolitik der Notenbanken bleibt noch auf lange Sicht expansiv, die tiefen Zinsen begünstigen ebenfalls das Umfeld für Aktien. Durch die höhere zyklische Tangente sollten europäische Indizes nächstes Jahr gegenüber den US Aktien im Vorteil sein. Ganz grundsätzlich bleibt aber das beherrschende Thema an der Börse der Zweikampf zwischen Tech-Werten (also de facto Leben in der Pandemie) und Zyklikern wie Tourismus Aktien, die die Hoffnung auf das Leben danach wiederspiegeln.

Der große Optimismus, der für die Wiedereröffnung der Konjunktur herrscht, drückt sich auch im phänomenalen Börsendebut von Airbnb aus. Das Unternehmen ging am 10. Dezember in New York an die Börse und wurde im Rahmen der Erstnotiz mit über 90 Mrd. $ bewertet. Damit ist Airbnb an der Börse mehr als doppelt so schwer wie Marriott, die größte Hotelkette der Welt. Angesichts der Tatsache, dass Airbnb keine Gewinne macht, sind einige Beobachter natürlich skeptisch. Für das Unternehmen spricht, dass sie, im Gegensatz zu Hotels, relative Isolation bieten. Man begegnet keinem Fremden in der Lobby oder im Speisesaal, das wird auch in der ersten Phase nach der Pandemie noch ein Vorteil sein. Gleichzeit steht das Unternehmen vor vielen Herausforderungen: vom Weg in die Profitabilität bis zu den Konflikten mit den Regulierungsbehörden in aller Welt. 
Fakt ist aber, dass der überaus erfolgreiche Börsengang von Airbnb ein deutliches Indiz ist für den Optimismus, den die Anleger dem Jahr 2021 entgegen bringen.


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