„Leute wollen für wenig Geld möglichst viel haben“

Der Hotelmarkt ist im Umbruch: Billighotels, die trotz günstiger Preise gute, gediegene Ausstattung bieten, sind im Vormarsch. Steigender Nachfrage erfreut sich auch das Luxussegment. Stark unter Druck ist hingegen die Vier-Sterne-Hotellerie.

„Die Leute wollen für wenig Geld möglichst viel haben,“ schildert Bernd Hinteregger im Gespräch mit dem Standard seine Erfahrung. Hinteregger ist, was das Hotelgeschäft betrifft, familiär unbelastet. Er sei zufällig, dafür mit umso größerer Passion Hotelier geworden. 2010 hat der 38-Jährige sein erstes Hotel eröffnet – in Wiener Neudorf. „Einen besseren Standort hätte ich für den Start nicht aussuchen können“, sagt der gebürtige Kärntner.

Versteckte Perlen

Obwohl viele glaubten, nur Stadtstandorte würden für Low-Budget-Hotels funktionieren, sei die lokale Situation spielentscheidend. Hinteregger: „In Wiener Neudorf gibt es den größten Gewerbepark Österreichs mit der Zentrale von Rewe, Lkw Walter, BP und, und, und. Dort gab es bisher nichts zum Übernachten, Geschäftspartner mussten auf Nachbarorte ausweichen. Jetzt sind wir der Platzhirsch dort.“ Für den Break-even habe man eine Zimmerauslastung von 37 Prozent kalkuliert, inzwischen liege man bei 75 Prozent Auslastung.

Von Montag bis Freitag werden die 76 Doppelzimmer des HB1 („H steht für Hinteregger, B für Bernd und 1, weil es positiv klingt und wir die Nummer eins sein wollen“) mit Geschäftsreisenden gefüllt. An den Wochenenden checken Bustouristen ein. Gut drei Millionen Euro hat Hinteregger in den Neubau investiert, ein Partner ist mit 30 Prozent an der Immobilie beteiligt.

Kaputter Ostmarkt

Mittlerweile gibt es ein HB1 auch in Linz (direkt neben der Voest). Noch im August will Hinteregger das erste HB1 in Wien aufsperren. Das HB1 Schönbrunn mit 65 Doppelzimmern hat knapp zehn Mio. Euro gekostet. Wie in Linz ist ein Partner mit 50 Prozent beteiligt.

Von Plänen, in Zagreb, Split oder Laibach ein Low-Budget-Haus zu bauen, sei man wieder abgekommen. „Der Markt ist kaputt, auch in der Slowakei“, sagt Hinteregger. Konkretisieren könnte sich hingegen ein Projekt am Flughafen Zürich, wenn auch erst in ein paar Jahren.

Österreichscheue Markenhotels

„Im internationalen Vergleich ist das Budget-Segment in Österreich noch nicht stark ausgeprägt“, sagt Martin Schaffer von MRP, ein auf Hotelimmobilien spezialisiertes Beratungsunternehmen in Wien. „Vor allem internationale Marken fehlen bei uns. Das wird sich aber ändern.“

„Bis vor zwei Jahren gab es im Design-Low-Budget-Segment in Österreich noch eine Wüste“, sagt Vladimir Preveden, Tourismusspezialist beim Beratungsunternehmen Roland Berger. „Inzwischen hat Motel One Akzente gesetzt und andere drängen nach.“

Hotelier Hinteregger, der auch noch Häuser in Villach und Klosterneuburg betreibt, sieht das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. „Wir sind dabei, ein bis zwei weitere Standorte in Wien zu prüfen.“ Auch Vorarlberg sei als Markt interessant, speziell die Städte Bregenz und Dornbirn.

Artikel von Günther Strobl (derstandard.at)

 

 

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